Investoren hatten an der Aktie von Nel in den vergangenen Quartalen wenig Freude. Nach dem Hype im Wasserstoff-Sektor im Jahr 2021, folgte ein stetiger Kursverfall bei Unternehmen wie Nel, Plug Power, Ballard Power usw. Diese negative Entwicklung hatte verschiedene Gründe auf die ich in dieser ausführlichen Analyse eingehen werde. Schlussendlich versuche ich herauszufinden, ob die Aktie von Nel den Turnaround schaffen kann und wie die Aussichten für die kommenden Jahre ist.
Inhaltsverzeichnis
Kennzahlen Nel ASA
WKN: A0B733
Gewinnwachstum 10 Jahre: —
Umsatzwachstum 10 Jahre: 71,3% p.a.
KUV24e: 3,7
Dividendenrendite: —
Marktkapitalisierung: 700 Mio. €
Kurzbeschreibung
Das norwegische Unternehmen Nel ASA ist spezialisiert auf die Herstellung und Verbreitung von Wasserstoff. Das Produktsortiment konzentriert sich hauptsächlich auf Elektrolyseure und Wasserstofftankstellen. Die Gründung des Unternehmens erfolgte bereits im Jahr 1927, und seit 2014 ist es an der Börse in Oslo notiert. Der Hauptsitz befindet sich in Oslo, während die Produktionsstätten in Notodden und Herøya (Norwegen), Herning (Dänemark) und Wallingford (USA) angesiedelt sind. Derzeit beschäftigt Nel etwa 670 Mitarbeiter, die seit dem letzten Jahr unter der Leitung des CEO Håkon Volldal stehen. Die Mehrheit der Nel-Aktien befindet sich im Streubesitz, was bedeutet, dass keine bedeutenden Großaktionäre oder Anteilseigner investiert sind.
Unternehmensübersicht
Geschäftsbereiche
Aktuell besteht Nel aus zwei Hauptgeschäftsbereichen: Elektrolyseure und Wasserstofftankstellen. Vor ein paar Jahren trugen beide Bereiche in etwa den gleichen Teil zum Umsatz bei. Mittlerweile ist das Geschäft mit den Elektrolyseuren deutlich wichtiger und ist stark gewachsen.
Elektrolyseure
Elektrolyseure von Nel ASA spalten Wasser mithilfe von elektrischer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Das Produktportfolio umfasst verschiedene Größen, von kleinen Laboreinheiten bis hin zu großen industriellen Anlagen. Nel bietet sowohl alkalische als auch PEM-Elektrolyseure an, die modular aufgebaut und kundenspezifisch angepasst werden können. Durch die Verwendung erneuerbarer Energien können umweltfreundliche „grüne“ Wasserstoffe erzeugt werden.
Im Bereich der Elektrolyseure kann man in den letzten Jahren in starkes Wachstum beobachten. Der Umsatz konnte im letzten Jahr fast verdoppelt werden und lag bei 1,427 Mrd. NOK. Wegen hoher Ausgaben für die Produktionserweiterung und Automatisierung lag das EBITDA stets im negativen Bereich.
Tankstellen (Fueling)
Nel ASA produziert Wasserstofftankstellen, die eine schnelle und sichere Betankung von Wasserstofffahrzeugen ermöglichen. Diese Tankstellen werden sowohl für Industrie- und Gewerbegebiete als auch für den öffentlichen Verkehr und den Privatbereich entwickelt. Das Unternehmen arbeitet eng mit Automobilherstellern und Energieversorgern zusammen, um eine flächendeckende Versorgung mit Wasserstofftankstellen sicherzustellen und die Akzeptanz von Wasserstoff als saubere und nachhaltige Energiequelle zu fördern.
Blickt man auf die Umsätze der Fueling Division lässt sich schnell erkennen, dass es hier seit 2020 quasi keinen nennenswerten Wachstum gegeben hat. Zusätzlich ist das Geschäft bisher nicht sonderlich profitabel und das EBITDA fiel stets negativ aus. Teilweise lag dies aufgrund von Investitionen sogar unterhalb der erzielten Umsätze. Einziger positiver Aspekt sind die gesenkten Kosten und Erhöhung der Effizienz in 2023, so dass die Verluste etwas minimiert werden konnten.
Umsatz- und Gewinnentwicklung
Dank der Elektrolyseur Division konnte Nel in den letzten Jahren ein starkes Umsatzwachstum verzeichnen. Auf Sicht von 10 Jahren konnte der Umsatz pro Jahr um über 70% gesteigert werden. Auch für die kommenden Jahre erwarten Analysten einen weiteren Anstieg der Umsätze. Für das laufende Jahr erwartet man jedoch nur einen Zuwachs von rund 25% auf knapp 2,1 Mrd. NOK. Gleichzeitig sollen sich zukünftig die Margen weiter verbessern.
Weniger erfreulich sieht es beim Gewinn aus. Außer im Jahr 2020 aufgrund von Sondereffekten konnte Nel bisher kein positives Ergebnis abliefern. Für das laufende Geschäftsjahr 2024 rechnen Analysten mit einem Verlust von rund 500 Mio. NOK. In den kommenden Jahren soll sich der Verlust immer weiter reduzieren. Mit den ersten schwarzen Zahlen rechnet man im Jahr 2027.
Finanzen
Aufgrund des operativen Defizits, das noch einige Jahre anhalten wird, gewinnt eine genaue Analyse der finanziellen Lage besondere Bedeutung. Positiv ist anzumerken, dass Nel nahezu schuldenfrei ist und lediglich 260 Mio. NOK an zinstragenden Schulden aufweist. Im Gegensatz dazu steht eine Cashposition von rund 3,4 Mrd. NOK. Dieser finanzielle Puffer sollte dazu beitragen, die kommenden Jahre abzusichern. Allerdings hat dies für die Investoren einen hohen Preis, da es in den letzten Jahren zu mehreren Kapitalerhöhungen kam. Seit 2017 hat sich die Anzahl der ausstehenden Aktien verdoppelt, was zu einer Verwässerung der Anteile führte. Angesichts der bevorstehenden Investitionen in den Produktionsausbau ist es daher unerlässlich, die finanzielle Lage des Unternehmens weiterhin genau zu überwachen.
Ausblick und aktuelle Entwicklung
Auftragseingänge und Backlog
Ein positiver Faktor für Nel ist das gut gefüllte Auftragsbuch. In den vergangenen Jahren war die Produktionskapazität noch nicht so hoch, wodurch die Bearbeitung der eingehenden Aufträge etwas langsamer vonstattenging als heute. Ende 2023 lagen Aufträge im Wert von 2,458 Mrd. NOK vor, wobei der Großteil auf Elektrolyseure entfiel. Leider verzeichnete das gesamte Jahr 2023 einen rückläufigen Auftragseingang, und von Quartal zu Quartal gingen weniger Aufträge ein. Dies führte Mitte 2023 erstmals seit langer Zeit zu einem rückläufigen Auftragsbestand. Die gegenwärtig schwache Wirtschaftslage in Verbindung mit hohen Zinsen veranlasst viele Unternehmen zu Vorsicht, wodurch weniger Aufträge vergeben werden. Für das laufende Jahr sollte dies aufgrund eines vollen Auftragsbuchs kein Problem darstellen, aber es wäre wichtig, dass Nel im weiteren Verlauf des Jahres wieder deutlich mehr Aufträge verzeichnen kann.
Produktionskapazität
Mit der Zeit hat Nel seine Produktionskapazitäten sukzessive ausgebaut. Hier stand zuletzt das Werk im norwegischen Herøya im Fokus. Dort werden alkalische Elektrolyseure in einem vollautomatisierten Werk produziert. Mit der Fertigstellung der zweiten Produktionslinie im zweiten Quartal 2024 wird die jährliche Kapazität auf 1GW gesteigert. Auch in den USA schreitet der weitere Ausbau voran. In Wallingford wird momentan das Werk für PEM-Elektrolyseure auf eine Kapazität von 500MW erweitert. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2025 geplant. Zusätzlich möchte Nel in den USA eine weitere Gigafactory errichten, die im Vollausbau eine Kapazität von bis zu 4GW haben soll. Als Standort hat man sich für Michigan entschieden. Insgesamt hat Nel die Weichen auf weitere Wachstum gestellt und passt seine Produktionskapazität der steigenden Nachfrage an.
Mögliche Abspaltung Fueling
In den nächsten Monaten könnte es auch zu einer strategischen Neuausrichtung des Unternehmens kommen. Wie wir bei der Vorstellung der Geschäftsbereiche bereits gesehen haben, ist die Division Fueling nicht sonderlich attraktiv. Wenig Wachstum und hohe Kosten führen dort zu einem schwachen finanziellen Ergebnis. Daher befasst sich Nel mit einem möglichen Spin-Off dieser Sparte. Diese würde dann eigenständig an der Börse gelistet werden. Dadurch würde Nel sich im Kerngeschäft auf die Produktion der Elektrolyseure beschränken und das Geschäft mit den Tankstellen auslagern. Dieser Schritt könnte für Nel einen Turnaround bedeuten, da man sich auf seine Kernkompetenz fokussiert und schneller schwarze Zahlen schreiben könnte.
Investmentgedanken / Chancen
Wasserstoff als zukünftiger Energieträger
Wasserstoff gilt als äußerst vielversprechender Energieträger, der in der künftigen Energieversorgung eine bedeutende Rolle spielen wird. Das Interesse an Wasserstofftechnologien und deren Anwendungsmöglichkeiten wächst rapide. Nel ist optimal positioniert, um von dieser Entwicklung zu profitieren. Aktuell ist es noch problematisch große Mengen an Energie zu speichern. Die Gewinnung erneuerbarer Energien ist vielerorts nicht immer planbar und für die Stabilität der Stromnetze ist es essentiell wichtig Speichermöglichkeiten bereitzustellen. Mittel- bis langfristig könnte Wasserstoff hier eine entscheidende Rolle beim Speichern von Energie spielen.
Ziel Klimaneutralität
Derzeit sind viele Branchen noch auf fossile Energieträger angewiesen und benötigen dringend Alternativen. In zahlreichen Fällen bietet sich der Einsatz von Wasserstoff an, insbesondere in energieintensiven Industrien wie Zement- oder Stahlproduktion. Dort gibt es kaum andere Optionen, um klimaneutral die notwendigen hohen Temperaturen im Produktionsprozess zu erreichen. Auch im Schwertransport auf Straßen und auf See ergibt der Einsatz von Wasserstoff durchaus Sinn, da die Größe der benötigten Batterien für einen Elektroantrieb hier problematisch ist. Zudem kann Wasserstoff als Beimischung oder Alternative in Gasheizungen im Gebäudesektor eingesetzt werden, um die Emissionen zu reduzieren.
Risiken
Konkurrenz
Der Markt für Energie ist äußerst umkämpft, und Nel sieht sich verschiedenen Wettbewerbern gegenüber. Derzeit dominieren die beiden großen Gashersteller Air Liquide und Linde den weltweiten Wasserstoffmarkt. Allerdings stammt der Großteil ihres Wasserstoffs nicht aus erneuerbaren Energien, sondern wird in der Regel aus fossilen Brennstoffen gewonnen, was zur Freisetzung von CO2 führt. Langfristig werden jedoch auch Unternehmen wie Linde und Air Liquide vermehrt auf „grünen“ Wasserstoff setzen und somit mit Nel in Konkurrenz treten.
Nel zählt zu den weltweit größten Herstellern von Elektrolyseuren. Dennoch haben auch andere Unternehmen wie Plug Power, ITM Power, Thyssen oder Siemens Elektrolyseure in ihrem Portfolio. Neben den bereits genannten könnten auch weitere Konzerne in die Wasserstoffproduktion einsteigen, wie etwa Ölkonzerne wie Shell, die bereits in erneuerbare Energien investieren, um ihre langfristige Geschäftsstrategie anzupassen.
Technische Probleme & Ineffizienz
Ein weiteres Risiko der Wasserstofftechnologie besteht in ihrer Ineffizienz. Die Umwandlung von erneuerbarem Strom in Wasserstoff führt zu Energieverlusten, ebenso wie die Rückumwandlung je nach Anwendungsgebiet. Im Vergleich zwischen einem wasserstoffbetriebenen Fahrzeug und einem Elektrofahrzeug zeigt sich, dass der Wirkungsgrad einer Batterie wesentlich höher ist. Ein Wasserstofffahrzeug benötigt derzeit 2-3 mal mehr Energie als ein batteriebetriebenes Fahrzeug. Trotz dieser Herausforderungen hat Wasserstoff in bestimmten Anwendungsfällen seine Berechtigung, und die Effizienz hängt stark vom konkreten Einsatzgebiet ab.
Ist die Nel Aktie fair bewertet?
Fundamentale Bewertung
Da Nel noch keine Gewinne schreibt, ist die fundamentale Bewertung relativ schwierig. In solchen Fällen eignet sich häufig das KUV heranzuziehen. Aufgrund des Hypes in 2020 und 2021 und der damit einhergehenden Überbewertung, ist es auch nicht möglich einen sinnvollen durchschnittlichen KUV zu berechnen. Aktuell notiert die Aktie von Nel zu einem KUV von 4,7. Verglichen mit anderen (profitablen) Aktien aus diesem Sektor scheint dies ein relativ fairer Wert zu sein. Da bei Nel die Profitabilität noch weit entfernt liegt, habe ich für die fundamentale Bewertung das faire KUV weiter reduziert und bei 2,5 angesetzt. Demnach wäre die Aktie Ende 2025 fair bewertet, wobei man natürlich das prognostizierte Wachstum berücksichtigen muss. Aktuell scheint die Aktie von Nel auf einem in etwa fairen Bewertungsniveau angekommen zu sein. Ende 2020 lag das KUV beispielsweise noch bei knapp 40.
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Technische Bewertung
Monatschart
Seit dem Allzeithoch Anfang 2021 ging es für die Aktie von Nel um bis zu 88% abwärts. Aus technischer Sicht ist die Aktie nun wieder in einem interessanten Bereich angekommen. Im Bereich zwischen 4,2 und 5 NOK liegt eine Unterstützungszone, die durch das Hoch 2016 und dem Tief aus 2019 gebildet wurde. Wenn die Aktie von Nel den Turnaround schaffen will, dann sollte es in dieser Zone sein. Die nächste Unterstützung wartet dann erst wieder im Bereich von 2 NOK. Bevor sich ein mögliches Einstiegsszenario ergibt, muss es im Tageschart zu einer Bodenbildung und der Etablierung eine Aufwärtstrends kommen.
Tageschart
Im Tageschart ist deutlich zu erkennen, dass die Aktie von Nel auf die eben erläuterte Zone reagiert hat. der Abverkauf hat sich deutlich verlangsamt. Die Quartalszahlen kamen zunächst sehr gut an, aber im Anschluss folgte wiederum innerhalb des Tages ein deutlicher Abverkauf. Am Folgetag kam es erneut zu einer bullischen Gegenreaktion. Dies habe ich im Chart blau markiert. Aus meiner Sicht war dies ein relativ bullisches Signal. Wichtig wäre es in den nächsten Wochen die Marke von 5,6 NOK zu brechen, die sich in der Vergangenheit als Widerstand gezeigt hat. Anschließend wäre der Weg bis 6,7 NOK erstmal frei. In jedem Fall ist es essentiell wichtig, dass die Marke von 4,2 NOK nicht mehr nachhaltig unterschritten wird. In diesem Fall wäre die Bodenbildung gescheitert und ein weiterer Abverkauf wahrscheinlich.
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Fazit Nel Aktie
Nel hat in den vergangenen Monaten mit einem deutlich Rückgang bei den Auftragseingängen zu kämpfen. Die schwache Wirtschaft gepaart mit den hohen Zinsen verleiten viele Unternehmen dazu Investitionen zu verschieben. Glücklicherweise sind die Auftragsbücher und die Kasse von Nel noch gut gefüllt, um die aktuelle Durststrecke zu überbrücken. Dennoch gilt es in den nächsten Monaten weitere Aufträge einzusammeln, damit der Ausbau der Produktionskapazität sich langfristig rentieren wird. Weitere Unterstützung für einen Turnaround bei Nel könnte ein Spin-Off der Wasserstoff-Tankstellen Division bedeuten. Damit würde man das Geschäft auf den wachstumsstarken Elektrolyseur-Markt fokussieren.
Aktuell scheint die Aktie fundamental in etwa fair bewertet zu sein und auch aus technischer Sicht könnte eine Bodenbildung die Aussichten aufhellen. Vieles hängt an der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung, denn die Positionierung in einem stark wachsenden Markt alleine wird Nel nicht reichen. Meine verbliebende Nel-Position notiert in etwa beim Einstandskurs, nachdem ich etwa die Hälft im Zuge des Hypes verkauft hatte. Diese Restposition habe ich weiterhin vor langfristig zu halten.