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Scheidung – was passiert mit Aktien, ETFs und Kryptos?

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Beim heutigen Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag eines Rechtsanwalts, der sich auf Familienrecht spezialisiert hat. Wie passt dies mit einem Finanzblog zusammen? Im Fokus des heutigen Beitrags steht das Thema Scheidung und welchen Einfluss dies auf gemeinsame digitale Vermögenswerte, wie Aktien, ETFs oder Kryptowährungen hat. Bevor es mit allen relevanten Themen weitergeht, folgt eine kurze Vorstellung von Rechtsanwalt Niklas Clamann.


Ich heiße Niklas Clamann und bin Rechtsanwalt mit Spezialisierung auf Familienrecht. In meiner Kanzlei in Münster berate ich Mandantinnen und Mandanten insbesondere bei Ehescheidungen und den damit verbundenen finanziellen Fragen. Durch meine langjährige Erfahrung, insbesondere im Bereich der sogenannten Online Scheidung, habe ich umfangreiche Kenntnisse in der Vermögensaufteilung bei Ehepaaren, die in digitale Vermögenswerte wie Aktien und Kryptowährungen investiert haben. In diesem Artikel möchte ich Ihnen die wichtigsten rechtlichen Aspekte und Fallstricke rund um das Thema Scheidung und digitale Vermögenswerte näherbringen, damit Sie gut informiert sind und Ihre finanziellen Interessen bestmöglich schützen können.


Rechtlicher Rahmen für die Vermögensaufteilung in Deutschland

In Deutschland gilt für die meisten Ehepaare, die keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1363 BGB. Dies bedeutet, dass Vermögenszuwächse, die während der Ehe erwirtschaftet wurden, im Falle einer Scheidung ausgeglichen werden müssen. Das Anfangsvermögen, das jeder Ehepartner in die Ehe eingebracht hat, bleibt grundsätzlich unberührt (§ 1374 BGB). Es ist jedoch der Zugewinn, also die Differenz zwischen Anfangs- und Endvermögen, der bei einer Scheidung relevant wird (§ 1373 BGB).

Während traditionelle Vermögenswerte wie Immobilien, Sparguthaben oder Fahrzeuge häufig klar zugeordnet werden können, sind digitale Vermögenswerte wie Aktien und Kryptowährungen oft komplexer zu bewerten und zuzuordnen.

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Aktien und ETFs: Gewinne im Fokus

Aktien und Exchange Traded Funds (ETFs) zählen zu den üblicheren Anlageformen, die Ehepaare während der Ehezeit erwerben. Sie stellen einen Vermögenswert dar, der nach deutschem Recht im Rahmen des Zugewinnausgleichs berücksichtigt wird.

Bewertung und Aufteilung

Die Bewertung von Aktien und ETFs erfolgt zum Stichtag der Scheidung. Hierbei wird der aktuelle Marktwert gemäß § 1376 BGB herangezogen. Schwieriger wird es, wenn es um die Ermittlung des Zugewinns geht, insbesondere dann, wenn die Anteile über längere Zeiträume hinweg gehalten wurden und deutliche Wertsteigerungen erfahren haben. Nur die Wertzuwächse, die während der Ehe erzielt wurden, sind ausgleichspflichtig (§ 1378 BGB).

Eine Besonderheit bei Aktien ist die Frage, ob Dividenden in die Berechnung des Zugewinns einfließen. Dividenden, die während der Ehe ausgezahlt wurden, gelten als Einkommen und können somit dem gemeinsamen Vermögen zugerechnet werden. Wenn diese jedoch reinvestiert wurden, erhöht sich das Endvermögen und damit auch der Zugewinn, der ausgeglichen werden muss.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem Urteil vom 15. November 2017 (Az.: 14 UF 100/17) entschieden, dass Dividenden, die während der Ehezeit erwirtschaftet und reinvestiert wurden, in den Zugewinnausgleich einzubeziehen sind, da sie zur Wertsteigerung des Depots beigetragen haben.

Möglichkeiten der Aufteilung

Bei der Aufteilung der Vermögenswerte gibt es mehrere Ansätze. Eine Möglichkeit besteht darin, die Aktien und ETFs physisch zwischen den Ehepartnern aufzuteilen, sodass jeder seinen Anteil weiterhin halten oder veräußern kann. Alternativ kann der Partner, der die Wertpapiere behält, den anderen Partner finanziell entschädigen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, die Wertpapiere zu verkaufen und den Erlös aufzuteilen, um eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden.

Kryptowährungen: Digitale Vermögenswerte im Aufwind

Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und viele andere haben in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Ihre hohe Volatilität und die Anonymität, die ihnen oft zugeschrieben wird, machen sie jedoch zu einer besonderen Herausforderung bei Scheidungen.

Bewertung und Nachverfolgung

Die Bewertung von Kryptowährungen erfolgt ähnlich wie bei Aktien zum Stichtag der Scheidung, wobei der Marktwert herangezogen wird (§ 1376 BGB). Allerdings können starke Kursschwankungen die Bewertung erschweren. Darüber hinaus ist es oft komplexer, Kryptowährungen nachzuverfolgen, insbesondere wenn diese über verschiedene Wallets verteilt sind oder in anonymen Transaktionen gehandelt wurden.

Um eine faire Aufteilung zu gewährleisten, ist es wichtig, dass beide Partner vollständige Transparenz über ihre Krypto-Bestände schaffen. Dies kann durch eine Offenlegung der Wallet-Adressen und der entsprechenden Transaktionshistorie erfolgen. In Fällen, in denen ein Partner versucht, Vermögenswerte zu verschleiern, kann es notwendig sein, forensische Experten hinzuzuziehen.

Das OLG München hat in einem Urteil vom 23. Januar 2019 (Az.: 34 UF 1181/18) betont, dass auch Kryptowährungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen sind, sofern diese nachweislich während der Ehezeit erworben wurden.

Möglichkeiten der Aufteilung

Wie bei Aktien gibt es auch bei Kryptowährungen mehrere Ansätze zur Aufteilung. Eine Möglichkeit besteht darin, die digitalen Vermögenswerte direkt aufzuteilen, indem die Bestände in verschiedene Wallets übertragen werden. Alternativ kann der Partner, der die Kryptowährungen behält, den anderen finanziell entschädigen. Ein Verkauf der Kryptowährungen und die anschließende Aufteilung des Erlöses ist ebenfalls eine Option, die jedoch in Abhängigkeit von der Marktlage und den steuerlichen Implikationen sorgfältig abgewogen werden sollte.

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Steuerliche Implikationen bei der Aufteilung von digitalen Vermögenswerten

Bei der Aufteilung von Aktien, Kryptowährungen und anderen Wertpapieren im Rahmen einer Scheidung müssen auch steuerliche Aspekte berücksichtigt werden. In Deutschland können sowohl der Verkauf von Aktien als auch von Kryptowährungen steuerpflichtig sein, wenn sie innerhalb bestimmter Haltefristen veräußert werden.

Kapitalertragssteuer auf Aktien und ETFs

Der Verkauf von Aktien und ETFs kann zu Kapitalerträgen führen, die der Abgeltungssteuer unterliegen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Diese beträgt in Deutschland pauschal 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Es ist wichtig, diese Steuerbelastung bei der Aufteilung zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Aufteilung fair ist und nicht ein Partner durch die Steuerlast übermäßig belastet wird.

Das Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 12. Januar 2016 (Az.: VIII R 13/15) klargestellt, dass Kapitalerträge, die im Zuge des Zugewinnausgleichs veräußert werden, grundsätzlich der Abgeltungssteuer unterliegen.

Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen

Kryptowährungen unterliegen in Deutschland einer speziellen steuerlichen Behandlung. Gewinne aus dem Verkauf von Kryptowährungen sind gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG steuerfrei, wenn die Haltefrist mindestens ein Jahr beträgt. Werden Kryptowährungen jedoch innerhalb eines Jahres veräußert, unterliegen die Gewinne der Einkommensteuer. Auch hier sollten die steuerlichen Folgen bei der Vermögensaufteilung bedacht werden, um nachträgliche finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Urteil vom 30. Juni 2020 (Az.: 13 K 2314/19) entschieden, dass der Verkauf von Kryptowährungen innerhalb der einjährigen Haltefrist als privates Veräußerungsgeschäft gilt und somit einkommensteuerpflichtig ist.


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Schutz durch Ehevertrag: Vorsorge für den Ernstfall

Ein Ehevertrag bietet die Möglichkeit, klare Regelungen für den Fall einer Scheidung zu treffen. Insbesondere bei digitalen Vermögenswerten wie Aktien und Kryptowährungen kann ein Ehevertrag helfen, Unsicherheiten und Streitigkeiten zu vermeiden.

Regelungen zu digitalen Vermögenswerten

In einem Ehevertrag können spezifische Regelungen zu Aktien, Kryptowährungen und anderen Wertpapieren getroffen werden. Dies kann beispielsweise beinhalten, dass bestimmte Vermögenswerte vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden (§ 1408 BGB) oder dass eine bestimmte Aufteilung im Fall einer Scheidung vereinbart wird. Ein gut gestalteter Ehevertrag kann so dazu beitragen, dass beide Partner ihre finanziellen Interessen schützen und klare Verhältnisse schaffen.

Flexibilität und Anpassung an individuelle Bedürfnisse

Ein Ehevertrag sollte stets an die individuellen Bedürfnisse der Partner angepasst werden. Dies betrifft nicht nur die Regelung der digitalen Vermögenswerte, sondern auch andere Aspekte wie Immobilien, Altersvorsorge und Unterhalt. Es ist ratsam, den Ehevertrag regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, insbesondere wenn sich die Vermögenssituation oder die Lebensumstände ändern.

Fazit: Vorausschauende Planung zahlt sich aus

Die Aufteilung von Aktien, Kryptowährungen und anderen Wertpapieren im Rahmen einer Scheidung kann komplex und emotional herausfordernd sein. Eine vorausschauende Planung, sei es durch eine transparente Vermögensaufstellung, eine sorgfältige Bewertung der digitalen Vermögenswerte oder den Abschluss eines Ehevertrags, kann dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden und eine faire Aufteilung sicherzustellen.

In einer Zeit, in der digitale Vermögenswerte zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist es wichtiger denn je, sich frühzeitig über die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu informieren und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. So können Sie sicherstellen, dass Ihre finanziellen Interessen auch im Falle einer Scheidung bestmöglich geschützt sind.

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