Ich habe vor einigen Monaten bereits eine Analyse von Tomra Systems veröffentlicht. Da sich nun einiges getan hat nehme ich mir das Unternehmen erneut vor und schaue wie sich das Unternehmen entwickelt hat. Dabei möchte ich diesmal tiefer auf die Geschäftsbereiche eingehen, die Chancen und Risiken herausarbeiten und eine aktuelle Bewertung abgeben.
Inhaltsverzeichnis
Kurzbeschreibung
Tomra Systems ist ein norwegisches Unternehmen, das sich auf Sammel- und Sortierlösungen spezialisiert hat. Bei den Sammellösungen handelt es sich hauptsächlich um Automaten zur Rücknahme von Pfandflaschen, wie man sie aus jedem Supermarkt kennt. Die Sortierlösungen kommen in verschiedenen Bereichen zum Einsatz und dazu zählen insbesondere die Nahrungs-, Bergbau- und Recyclingindustrie.
Das Unternehmen wurde 1972 gegründet und ist seit 1985 an der Osloer Börse (OSEEX) gelistet. Der Hauptsitz des Unternehmens liegt in Asker und aktuell sind weltweit etwa 4.500 Mitarbeiter beschäftigt. Davon alleine etwa 500 in Deutschland. Der Hauptanteilseigner des Unternehmens ist mit 21,1% die Investment AB Latour. Dabei handelt es sich um die Investmentgesellschaft des schwedischen Geschäftsmanns und Milliardär Gustaf Douglas. Dahinter folgt mit etwa 6% der norwegische Staatsfond als nächstgrößte Position.
Kennzahlen Tomra Systems
WKN: 872535
Gewinnwachstum 10 Jahre: 26,4 % p.a.
Umsatzwachstum 10 Jahre: 11,1 % p.a.
KGV20e: 68
Dividendenrendite: 0,75%
Marktkapitalisierung: 5,1 Mrd. €
Geschäftsmodell und Umsatzverteilung
Geschäftsbereiche
Wie bereits eingangs erwähnt teil sich Tomra Systems in die beiden Bereiche Sorting und Collection auf.
Der Bereich Collection umfasst hauptsächlich die Rücknahmesysteme für Pfadflaschen. Außerdem werden insbesondere in den USA Automaten für weitere Recycling Anwendungen eingesetzt. Im Bereich der Pfandautomaten ist Tomra der weltweite Marktführer mit einem Anteil von über 70%. Allein in deutschen Supermärkten stehen über 35.000 Pfandautomaten von Tomra.
Der Sektor Sorting ist in unterschiedlichen Branchen aktiv. Dazu zählen die Nahrungsmittelindustrie, der Bergbau und die Recyclingindustrie. In allen Bereichen gilt es verschiedene Güter zu trennen und zu sortieren. Die jeweiligen Marktanteile sind nicht jeweils nicht ganz so hoch wie im Collection Bereich, können sich aber dennoch sehen lassen. Bei den Nahrungsmittel liegt der Marktanteil bei etwa 25%, im Bergbau bei ca. 50% und beim Recycling bei 60%.
Umsatzverteilung
Die Umsätze in den beiden Geschäftsbereichen Sorting und Collection sind in den letzten Jahren nahezu gleich aufgeteilt. Der Gesamtumsatz lag im Jahr 2019 bei 9.346 Mio. NOK und der Gewinn bei 1.177 Mio. NOK. Dies entspricht einer operativen Marge von etwa 13%. Die Umsätze werden weltweit verteilt erzielt, wobei die USA (26%), Deutschland (17%), Skandinavien (7%) und das restliche Europa (20%) den Großteil ausmachen.
Bei einem Blick in die aktuellen Zahlen zum dritten Quartal 2020 ist zu erkennen, das die Coronakrise zwar einen Einfluss hatte, aber dieser nicht so hoch ausgefallen ist. Trotz der Krise konnte der Gewinn und der Umsatz im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr gesteigert werden. Besonders erfreulich ist die positive Tendenz beim Gewinn im dritten Quartal, nachdem die ersten beiden Quartale eher durchwachsen verlaufen sind. Außerdem bleibt es weiterhin dabei, dass beide Geschäftsbereiche weiterhin nahezu im Gleichschritt wachsen.
Finanzsituation
Insgesamt ist Tomra Systems finanziell sehr gut aufgestellt. Der Verschuldungsgrad für das Jahr 2020 liegt mit 1,09 in einem soliden Bereich und auch die Schuldenstruktur ist als unproblematisch anzusehen. Die Nettoverschuldung liegt bei etwa 2.2 Mrd. NOK bei einem erwarteten Free Cashflow von 1,1 Mrd. NOK. Ebenfalls als positiv zu vermerken ist ein hoher Auftragsbestand. Dieser ist in etwa auf dem gleichen Niveau wie vor einem Jahr, obwohl coronabedingt der Auftragseingang etwas zurückgegangen ist.
Chancen / Investmentgedanken
Weltweites Plastikmüllproblem
Es ist unstrittig, dass es weltweit ein Problem mit der Zunahme an Plastikmüll gibt. Dies gilt insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer, in denen keine Abfall- und Recyclinginfrastruktur existiert. Heutzutage wird lediglich ca. 14% des gesamten Plastikmülls recycelt. Im Vergleich zu anderen Rohstoffen ist dies erschreckend wenig (z.B. Papier 50%). Mittlerweile ist diese Problematik im Fokus verschiedener Regierungen und Organisationen angekommen. Daher besteht die Chance, dass Tomra von diesem Trend Tomra doppelt profitieren könnte.
Pfandautomaten
Bisher existieren in relativ wenigen Ländern Gesetze, die einen Pfad auf Plastikflaschen vorschreiben. Hier sind Australien, Deutschland und die skandinavischen Länder natürlich als vorbildlich hervorzuheben. Mittlerweile haben viele andere EU-Länder die Einführung von Pfandregelungen beschlossen. In den Niederlanden, Schottland. und Lettland sind bereits Gesetze erlassen, dass in den kommenden Jahren ein Pfandsystem eingeführt oder erweitert wird. Auch in England und Frankreich gibt es entsprechende Gesetzesinitiativen. Ich gehe stark davon aus, dass sich dieser Trend weltweit fortsetzen wird. Diese Entwicklung sollte dazu führen, dass die von Tomra Systems angebotenen Sammellösungen zukünftig gefragt sein werden. Durch die hervorragende Marktposition sollten somit ein weiteres Wachstum sehr wahrscheinlich sein.
Sortierlösungen
Ähnliches Potenzial sehe ich auch bei den Sortierlösungen im Recycling Bereich. Wie bereits am Angang des Kapitels erwähnt, wird aktuell nur eine sehr geringe Menge an Plastik recycelt. Dies wird sich zukünftig ändern müssen, um eine weltweite Umweltverschmutzung, insbesondere in den Weltmeeren, zu verhindern. Daher können die Sortierlösungen vom Tomra dazu eingesetzt werden, den Müll besser zu trennen und anschließend wieder in einen Wertstoffkreislauf zurückzuführen. Auch hier ist kann Tomra mit seiner starken Marktposition von einer solchen Entwicklung profitieren. Die Reduzierung von Plastikmüll steht beispielweise bei der EU ebenfalls sehr weit oben auf der Agenda. Es ist davon auszugehen, dass viele Schwellenländer sich in diesem Bereich ebenfalls engagieren werden, da dort die Umweltverschmutzung zu größeren Problemen führt.
Steigende Nachfrage bei Nahrungsmitteln
Da die Weltbevölkerung immer weiter wächst, wird die Nachfrage nach Nahrungsmitteln in Zukunft immer weiter steigen. Da zusätzlich durch den Klimawandel die Landwirtschaft vor immer neue Probleme gestellt wird, ist es notwendig effizienter zu arbeiten. Diese höhere Effizienz kann durch die Sortierlösungen von Tomra erreicht werden. Im Angebot befinden sich nicht nur Sortiermaschinen, die für Kartoffeln, Obst, Gemüse oder Früchte eingesetzt werden, sondern auch Schälmaschinen. Die Automatisierung in diesem Sektor wird weiter zunehmen, so dass Tomra auch hier über große Wachstumsmöglichkeiten verfügt.
Hohe Produktqualität
Im Bereich der Pfandrücknahmeautomaten ist Tomra Systems mit einem Marktanteil von über 70% der unangefochtene Marktführer. Meiner Meinung nach erklärt sich diese exzellente Marktposition vor allem durch die Qualität der Produkte. Ich selber habe mit den Automaten von Tomra Systems in den Supermärkten wesentlich bessere Erfahrungen gemacht als mit denen der Konkurrenz. Die Erkennung der Dosen und Flaschen funktioniert deutlich schneller und zuverlässiger als bei anderen Systemen. Ob dies bei den Sortiermaschinen ebenfalls der Fall ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aus der hohen Qualität der Produkte erklärt sich natürlich auch eine entsprechende Kundenbindung und der damit verbundenen fortlaufenden Einnahmen aus der Wartung.
Risiken
Mögliche Konkurrenz
Tomra hat sich sowohl im Collection als auch im Sorting Bereich eine sehr gute Marktposition erarbeitet, aber dennoch ist die Konkurrenz nicht zu vernachlässigen. Dies gilt vor allem bei den Sortiermaschinen im Nahrungsmittelbereich. Dort lag der weltweite Marktanteil zwar „nur“ bei 25%, aber hier befindet sich die Konkurrenz am ehesten auf Augenhöhe mit Tomra. Im Bereich der Sammellösungen muss man sich weniger Gedanken machen. Dort hat man es geschafft trotz lokaler Konkurrenz in alle existierenden Märkte vorzudringen und diese zu dominieren.
Währungsrisiken
Bei Tomra Systems handelt es sich um ein norwegisches Unternehmen und folgerichtig ist die norwegische Krone die wichtigste Währung für den Konzern. Der Großteil der Umsätze wird jedoch nicht in Norwegen erzielt, sondern in der ganzen Welt. Dadurch kann es natürlich durch Schwankungen beim Wechselkurs zu negativen Einflüssen kommen. Aktuell ist die norwegische Krone relativ schwach, was Tomra tendenziell in die Karten spielt. Langfristig könnte sich dies natürlich auch mal ändern und sich negativ auf das Ergebnis auswirken. Für diesen Fall sichern sich Unternehmen natürlich ab, aber auch dies führt letztlich zu Zusatzkosten.
Aktuelle Bewertung Tomra Systems
Es ist relativ schnell zu erkennen, dass Tomra aktuell recht hoch bewertetet erscheint. Für das Jahr 2020 liegt das KGV mit 68 natürlich noch deutlich höher als in den letzten Jahren, da der Gewinn in der Coronakrise leicht zurückgegangen ist. Die allgemein guten Aussichten des Unternehmens sind jedoch weiterhin intakt. Daher kann zunächst festgehalten werden, dass eine Erholung und Rückkehr zur bisherigen Wachstumsstory bereits eingepreist ist. Weitere größere Kurszuwächse sind somit vorerst nicht zu erwarten.
Beim Vergleich der aktuellen Bewertung mit den historisch fairen Werten nach KGV (grün und KGV=35) und KCV (gelb und KCV=30) ist die Überbewertung deutlich zu erkennen. Die Erwartung an weiter steigende ist an der grünen Linie deutlich zu erkennen. Allerdings wäre das aktuelle Kursniveau erst mit dem erwarteten Gewinn im Jahr 2023 zu rechtfertigen. Daher wäre die Aktie auf dem aktuellen Niveau für mich kein Kauf. Langfristig bin ich von dem Unternehmen aufgrund der exzellenten Marktposition in den zwei Sektoren auf jeden Fall überzeugt. Ein Einstieg würde sich daher nur per Sparplan oder bei einem Rücksetzer anbieten.