Nach unserer detaillierten Analyse von BYD in der letzten Woche steht heute der größte deutsche Autobauer im Fokus: Volkswagen. Die deutsche Automobilwirtschaft sieht sich derzeit mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. Neben der umfassenden Transformation zur Elektromobilität und dem schwachen Wirtschaftswachstum in Deutschland belasten seit April mögliche Zölle seitens der USA die VW Aktie zusätzlich. Doch Mitte dieser Woche gab es einen Hoffnungsschimmer: Ein umfassender Deal zwischen Japan und den USA könnte die Tür für ein ähnliches Abkommen zwischen der EU und den USA öffnen. Aktuell gelten für Autos Zölle in Höhe von 25 %, während für japanische Fahrzeuge nach dem jüngsten Deal lediglich ein Zoll von 15 % anfällt. Diese Entwicklung führte im Anschluss zu Kursgewinnen für die VW Aktie. Bevor wir uns den weiteren Perspektiven widmen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Quartalszahlen, die gestern veröffentlicht wurden.

Quelle: VW H1/2025
Im ersten Halbjahr 2025 lagen sowohl die Umsätze als auch die verkauften Fahrzeuge von Volkswagen ziemlich genau auf dem Niveau des Vorjahres. Die Zahl der verkauften Fahrzeuge stieg minimal von 4,34 Mio. auf 4,36 Mio. Ein Plus von 0,5 %. Der Umsatz stagnierte bei rund 158 Mrd. €. Das operative Ergebnis fiel jedoch um rund ein Drittel von 10 Mrd. € auf 6,7 Mrd. €. Dementsprechend gab die operative Marge von 6,3 % auf 4,2 % nach. Der Nettogewinn sank sogar um 38 % von 7,3 Mrd. € auf 4,5 Mrd. €. Der Gewinn wurde insbesondere durch höhere Zölle in den USA (1,3 Mrd. €), Zahlungen im Dieselskandal (0,2 Mrd. €) und Umstrukturierungen (0,7 Mrd. €) belastet. Auch CO₂-Rückstellungen in Europa trugen zu dieser Entwicklung bei. Die Aktie reagierte zunächst mit einem Rücksetzer, aber konnte sich davon relativ schnell erholen und sogar noch 3% zulegen.
Aktuelle Entwicklung
Die Entwicklung bei der E-Mobilität ist maßgeblich entscheidend für die zukünftige Entwicklung des Konzerns. Die Zahl der BEVs (Battery Electric Vehicles) stieg im ersten Halbjahr 2025 um 47 % von 317.000 auf 465.000 an. Konzernweit stieg der BEV-Anteil von 7 % auf 11 %. In Westeuropa erhöhte sich die Quote sogar von 11 % auf 20 %. Ähnlich positiv entwickelte sich das Geschäft mit Plug-in-Hybriden. Sorgen bereitet hingegen die Entwicklung des Geschäfts in China. Dort ist das erzielte operative Ergebnis weiterhin rückläufig. Dies ist insbesondere auf eine große Konkurrenz bei BEVs zurückzuführen. VW ist im Vergleich zu einheimischen Marken deutlich teurer und bietet technologisch oftmals auch keine Vorteile. Mehr dazu in der Analyse von BYD aus der letzten Woche.

Quelle: VW H1/2025
Volkswagen umfasst viele Marken für PKWs, die in die drei Bereiche Core, Progressive und Sport Luxury unterteilt werden. Der Core-Bereich (u.a. VW, Skoda, Seat) ist im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert und macht den Großteil des Umsatzes aus. Dieser konnte immerhin um 5 % gesteigert werden. Unter Progressive befinden sich Marken wie Audi oder Bentley. Auch hier konnte der Umsatz um 5 % zulegen. Allerdings brach das operative Ergebnis um 45 % ein. Noch schlechter lief es für Porsche, die hauptverantwortlich für den Bereich Sport und Luxury sind. Der Umsatz ging um 9 % zurück und das operative Ergebnis fiel um 71 %. Diese Zahlen belegen die Probleme im hochpreisigen Segment, das sonst dank hoher Margen einen beachtlichen Anteil am Gewinn hat. In der aktuell schwachen wirtschaftlichen Lage im Kernmarkt Deutschland und einer allgemeinen Konsumzurückhaltung ist der Verzicht auf den Kauf teurer Autos verständlich.

Quelle: VW H1/2025
Ausblick VW
Für das Geschäftsjahr 2025 erwartet Volkswagen einen Umsatz auf Vorjahresniveau. Der Gewinn wird jedoch deutlich geringer ausfallen. Es wird lediglich mit einer operativen Marge zwischen 4 % und 5 % gerechnet, nachdem diese im Vorjahr noch bei 5,9 % lag. Einer der wichtigsten Faktoren für das restliche Jahr und darüber hinaus ist die Entwicklung der Zölle in den USA. VW erwartet die Zölle in einer Spanne von 10 % bis 27,5 %, wobei tendenziell mit einem höheren Zoll in dieser Spanne gerechnet wird. Dies wird die Geschäftsentwicklung in Nordamerika maßgeblich beeinflussen, da Nordamerika etwa 20 % des Gesamtumsatzes von VW ausmacht. Ein guter Deal zwischen den USA und der EU bezüglich der Zölle wäre für die VW Aktie extrem wichtig, vor dem Hintergrund, dass bereits der chinesische Markt schwächelt.

Quelle: VW H1/2025
Fundamentale Bewertung VW
Die Automobilindustrie ist eine sehr zyklische Branche. Dementsprechend schwankend fallen auch die Gewinne aus. In der Vergangenheit ließ sich der faire Wert der VW Aktie relativ gut anhand ihres bereinigten KGVs ermitteln. Dies lag in der Vergangenheit durchschnittlich bei einem Wert von ungefähr 6,4. Aktuell notiert die Aktie zu einem bereinigten KGV von 5,2 und ist damit auf den ersten Blick unterbewertet. Allerdings muss man die zuvor aufgeführten Herausforderungen berücksichtigen. Dazu kommt noch, dass ein Großteil der vergangenen Bewertung in einem Nullzinsumfeld entstanden ist. Bei den nun höheren Zinsen bedeutet dies für ein relativ hoch verschuldetes Unternehmen wie VW eine zusätzliche Belastung. Insgesamt sollte die VW Aktie momentan in etwa fair bewertet sein. Für die kommenden Jahre gehen die Analystenschätzungen teilweise weit auseinander, was nochmals die Unsicherheit für die kommenden Jahre zeigt. Aus fundamentaler Sicht könnte man die Aktie durchaus kaufen.

Quelle: aktienfinder.net
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Technische Analyse VW
Im Monatschart lässt sich erkennen, dass die VW Aktie seit fast 15 Jahren in einer sehr breiten Range unterwegs ist. auf der Oberseite wird diese durch die Hochs aus 2015 und 2021 bei rund 250€ begrenzt. Die Unterseite zwischen 80€ und 95€ wurde durch mehrere Verlaufstiefs 2011, 2015 und 2020 definiert. Aktuell notiert die Aktie wieder im Bereich der Unterseite. Bei einer nachhaltigen Bodenbildung könnte ein Einstieg sinnvoll sein, falls man darauf spekuliert, dass die Aktie weiterhin innerhalb der Range pendeln wird. Aktuell ist ein mittelfristiger Abwärtstrend intakt, der zunächst neutralisiert werden muss. Dies wäre erstmals bei 114,2€ der Fall oder konservativer bei 128,6€. Wie es um die Bodenbildung steht lässt sich

Quelle: tradingview.com
Kurzfristig sieht es für die VW Aktie gar nicht so schlecht aus. Nach einem kräftigen Impuls Anfang des Jahres ging es für die VW Aktie nach der Ankündigung der Zölle durch US-Präsident Trump wieder bergab. Das Tief aus Dezember 2024 wurde zum Glück nicht mehr unterschritten. seitdem scheint die Aktie von VW sich langsam zu erholen. Die Reaktion auf die Quartalszahlen war schlussendlich positiv und und die Gap, die aus der Dividende entstanden ist wurde angelaufen. Diese ist aus meiner Sicht nicht sonderlich relevant und die nächste Widerstandszone befindet sich bei etwa 105€. Dort ist ein Rücksetzer wahrscheinlich, der in einem bullischen Szenario das Volumencluster erneut testet und im Anschluss einen neuen Aufwärtstrend etabliert. Dann könnte die zuvor beschriebene Bodenbildung abgeschlossen werden. Vorher wäre ein Einstieg verfrüht.

Quelle: tradingview.com
Fazit zur VW Aktie
Die VW Aktie hatte es wegen der US Zölle zuletzt wieder schwer. Für das Unternehmen gibt es neben dieser Problematik eine Menge weiterer Herausforderungen. In den meisten Bereichen läuft es aus verschiedenen Gründen nicht rund. Auf absehbare Zeit scheint sich dies auch nicht zu ändern. Vor allem die wichtigen Märkte in den USA und China drohen weiter zu schwächeln. Daher ist die VW Aktie fundamental entsprechend günstig bewertet. Aus technischer Sicht könnte sich ein Boden bilden, was eine mögliche Chance für eine langfristige Turnaround-Spekulation sein könnte. Wahrscheinlich muss man dafür eine Menge Zeit mitbringen. Ich persönlich bin nicht in die VW Aktie investiert und werde wahrscheinlich auch bei einem Kaufsignal nicht zugreifen. Ich setze in der Automobilbranche vorerst weiterhin auf BYD.
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