In diesem Beitrag möchte ich mich mal nicht mit einer Aktienanalyse beschäftigen, sondern mit einem anderen interessanten Thema rund um die Börse. Häufig wird von Experten suggeriert, dass es ausreicht in Aktien von qualitativ hochwertigen Unternehmen zu investieren und diese einfach eine lange zeit liegen lassen sollte. Getreu dem Motto der Börsenlegende Warren Buffett „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“. Doch funktioniert die sehr stumpfe Buy & Hold Strategie mit sogenannten „Aktien für die Ewigkeit“ wirklich? Vor einigen Wochen ist mir zufällig ein altes Börsen buch in die Hände gefallen mit dem Titel „Börse kinderleicht“ aus dem Jahr 1998. Autor war ein Finanzjournalist und auf einer Seite ist mir eine Liste ins Auge gesprungen mit dem Titel „Mit diesen Aktien können sie nichts falsch machen“.
In diesem Beitrag möchte ich mir die Entwicklung dieser Aktien in den letzten 26 Jahren ansehen.
Mögliche Aktien für die Ewigkeit 1998
Eine Bewertung der Qualität der Aktien zum damaligen Zeitpunkt gestaltet sich natürlich schwierig. Ich würde jedoch davon ausgehen, dass der Autor Aktien gewählt hat, die zum damaligen Zeitpunkt als äußerst sicher galten und daher für die Kategorie „Aktien für die Ewigkeit“ in Betracht kamen. Rückblickend sind wir natürlich schlauer und müssen bei dem ein oder anderen Wert schmunzeln, dass eine solche Aktie mal als Qualitätsaktie angesehen wurde.
Alle der nachfolgenden Charts beinhalten keine Dividendenausschüttungen. Bei den Aktien mit einer nennenswerten Dividende versuche ich diese gesondert auszuweisen. Um einen Vergleich für dir Performance ziehen zu können, habe ich die Rendite des MSCI World von 1998 bis heute ermittelt und diese lag bei etwa 247%.
Aegon
Für das niederländische Versicherungsunternehmen Aegon habe ich leider nur Daten seit 2002 gefunden. Diese reichen jedoch aus, um festzustellen, dass es seitdem um 80% abwärts ging und somit kein gutes Investment war. Da helfen auch die rund 15% Gewinn durch Dividenden nichts.
Akzo Nobel
Genau we bei Aegon zuvor starten die Daten für das niederländische Chemieunternehmen Akzo Nobel erst 2002. Hier sieht es allerdings deutlich besser aus und die Aktie ein Plus von 14% erzielen. Zusätzlich konnten weiter 86% Gewinn über Dividenden erzielt werden.
Allianz
Als Aktionär von Allianz kann man sich seit 1998 nicht wirklich über den Kursverlauf freuen. Erst im letzten Jahr kam man zurück in den positiven Bereich und liegt aktuell bei einer Rendite von 20%. Hinzu kommen weitere 40% Gewinn durch Dividenden.
Allied Irish Bank
Das irische Finanzhaus Allied Irish Bank wurde sehr hart von der Finanzkrise 2009 getroffen und wurde verstaatlicht. Laut Wikipedia Artikel ist der Aktienkurs in diesem Zuge kollabiert, so dass ich hier von einem Totalverlust ausgehe. Ein passendes Chartbild habe ich leider nicht mehr finden können.
BBVA
Für die Aktie der spanischen Bank BBVA ging es für eine lange Zeit langsam abwärts. Seit dem Jahr 2000 verlor die Aktie rund 23%. Lange Zeit sah es jedoch noch schlechter aus, da erst in den letzten 3 Jahren die Aktie wieder angesprungen ist. Immerhin konnte man durch Dividenden noch einen Gewinn auf den Einstiegskurs von etwa 60% erzielen. Somit lag man wenigstens noch im positiven Bereich.
Bayer
Mit der Bayer Aktie hatte man in den letzten Jahren wenig Freude. Mittlerweile hat ein Aktionär, der 1998 eingestiegen ist Kursverluste von 15% hinnehmen müssen. Immerhin konnte man in diesem Zeitraum rund 130% Gewinn durch Dividenden erzielen.
Daimler-Chrysler
Zu dieser Zeit bestand war die Fusion zwischen Daimler und Chrysler noch relativ jung und diese Verbindung existiert nun nicht mehr. Seitdem konnte die heutige Mercedes Aktie um rund 36% zulegen. Dazu kommen weitere Gewinne in Form von Dividenden, die nochmals rund 85% zusätzlich zusteuern.
Deutsche Bank
Die Aktie der Deutschen Bank hat sich leider nie wirklich von der Finanzkrise erholen können. Mit einem Investment 1998 läge man heute rund 66% im Minus. Über Dividenden kam ein Gewinn von rund 60% zusammen, so dass man heute mit Plusminus 0 da steht.
ENI
Für die Aktie vom italienischen Energieversorger ENI hab ich auch lediglich Kurse ab dem Jahr 2002 gefunden. Heute notiert die Aktie nahezu auf dem gleichen Niveau wie damals. Immerhin konnte man mit einem Investment rund 150% Gewinn über Dividenden erzielen.
FIAT
Beim italienischen Autobauer FIAT hat sich in den letzten Jahren viel getan. Zunächst kam eine Fusion mit Chrysler und im Anschluss ging es in die heutige Stellantis Gruppe über. Ich bin mir nicht sicher unter welchen Bedingungen diese Zusammenschlüsse stattfanden. Daher lasse ich die Entwicklung an dieser stelle aus.
France Telecom
Aus dem französischen Telekommunikationsunternehmen France Telcom ist mittlerweile Orange geworden. Für das Unternehmen ging es zunächst in der Dotcom-Blase deutlich aufwärts bis kurze Zeit später der Absturz kam, von dem sich die Aktie nie erholt hat. Heute würde man auf einem Verlust von 56% sitzen. Dieser kann jedoch durch Gewinne aus Dividenden in Höhe von etwa 80% abgefangen werden. Dennoch ein eher schlechtes Investment.
L’Oreal
Mit dem französischen Kosmetikunternehmen L’Oreal haben wir unsere erste Kursrakete. Seit 1998 gab es über 1100% Kursgewinn. Da kommen nochmal rund 150% aus Dividenden. Dieses Investment hätte sich definitiv gelohnt.
Lufthansa
Weniger gut lief es für die Aktie der Lufthansa, die seit 1998 41% an Wert verloren hat. Lediglich die Dividende mit einem Gewinn von 80% hievt die Aktie aus der Verlustzone.
LVMH
Noch besser als bei L’Oreal lief es beim französischen Luxusunternehmen LVMH. Hier konnten Aktionäre sich über einen Kurszuwachs von 2600% freuen. Dazu kommen nochmals etwa 300% Gewinn über Dividenden. An dieser Stelle kann ich es schon vorweg nehmen, dass dies das beste Investment aus der Liste gewesen wäre.
Mannesmann
Die Investition in das deutsche Industrieunternehmen Mannesmann hätte sich sehr schnell rentiert. Im Jahr 200 übernahm Vodafone für 180 Mrd.€ den Mannesmann Konzern, was bis heute die größte Übernahme der Börsengeschichte war. Für die Aktionäre war dies natürlich mit deutlichen Gewinnen verbunden. Genaue Werte dazu konnte ich jedoch nicht recherchieren.
Philips
Die Aktie vom niederländischen Gesundheits- und Haushaltskonzern läuft schon lange eher seitwärts und notiert 27% höher als 1998. Durch Dividenden kommen nochmal etwa 100% Gewinnen dazu.
Royal Dutch Shell
Mit der Aktie von Shell ließ sich trotz der langen Seitwärtsphase ein Gewinn von 78% erzielen. Dazu kommen nochmal etwa 140% gewinn über Dividenden.
RWE
Mit der Aktie von RWE musste seit 1998 bis heute 37% Verlust hinnehmen. Über Dividenden fuhr man einen Gewinn von etwa 75% ein, so dass man mit dem Investment im positiven Bereich liegt.
Siemens
Mit einem Kursplus von knapp 600% ist die Aktie von Siemens das beste deutsche Unternehmen aus dieser Liste. Dazu kommen nochmal 250% aus Dividenden und zusätzliche Anteile der Spin-Offs der letzten Jahre wie Siemens Energy oder Healthineers.
Telecom Italia
Für die Telecom Italia Aktie habe ich nur einen Chart gefunden, der im Jahr 2001 beginnt. Dieser reicht allerdings aus, um festzustellen, dass diese Investition mit einem Minus von 99% quasi im Totalverlust geendet hätte.
Telefonica
Die Aktie vom spanischen Telekommunikationsunternehmen Telefonica zeigt auch keine sonderlich gute Performance. Seit dem Jahr 2000 ging es um satte 82% abwärts. Daran konnten auch Gewinne in Höhe von rund 20% nichts ändern.
Unilever
Ein Investment in das Basiskonsumgüterunternehmen Unilever hätte sich seit 1998 gelohnt. Bis heute gab es einen Kursgewinn in Höhe von 256%. Dazu kommen aus Dividenden nochmal rund 110% zusätzlicher Gewinn.
Veba
Aus der Fusion von Veba und VIAG ist im Jahr 2000 der heutige deutsche Energiekonzern E.ON entstanden. Seit 1998 hätte man mit einem Investment einen Kursverlust von 34% hinnehmen müssen. Allerdings konnte man sich über rund 120% Gewinne aus Dividenden freuen.
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Auswertung
Insgesamt haben wir uns die Entwicklung von 23 Aktien angesehen. Mannesmann und FIAT rechne ich für die Auswertung heraus, da hier die Entwicklung für mich nicht mehr nachvollziehbar war. Bleiben somit 21 Aktien mit folgenden Werten:
- 2 Investments hätten einen Totalverlust ergeben
- 10 Aktien notieren unterhalb des Einsteigskurses
- 16 Aktien konnten eine positive Gesamtrendite erzielen
- 4 Aktien konnten den MSCI World schlagen
Wenn man in diese 21 Aktien 1998 jeweils 1000€ investiert hätte, hätte man aus diesen 21.000€ heute etwa 80.000€ gemacht. Damit hätte man ein etwas besseres Ergebnis als der MSCI World erzielt.
Fazit
Insgesamt fand ich das Ergebnis relativ überraschend und lehrreich. Einerseits fand ich es erstaunlich, dass viele „Aktien für die Ewigkeit“ eine deutlich schlechtere Performance als der Gesamtmarkt hingelegt haben. Rational gesehen macht eine Investition in den MSCI World umso mehr Sinn. Bei einigen Aktien wäre es beim gesehen Kursverlauf auch fraglich gewesen, ob man diese wirklich bis heute gehalten hätte, da es teilweise zu Rücksetzern von über 80% kam. Bei der Auswertung ist mir direkt ein bekanntes Zitat der Börsenlegende Peter Lynch eingefallen:
„Um als Investor erfolgreich zu sein, benötigst du ein paar wenige große Gewinner. Sie werden die Verluste der Verlierer überragen.“
Dies trifft das erzielte Ergebnis auf den Kopf. Mit nur 3 Aktien (L’Oreal, LVMH und Siemens) wurde deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtgewinns erzielt. Da fallen Totalverluste wie Allied Irish Bank oder Telecom Italia fast gar nicht mehr ins Gewicht.
Eine weitere Lehre für mich ist es, dass ein stumpfes Buy & Hold zwar funktioniert, aber man damit einiges an Rendite auf der Strecke lässt. Richtig ist es einen Buy & Hold & Check Ansatz zu wählen. Damit könnte man verhindern, dass man nach mehr als 25 Jahren Aktien im Portfolio hat, die Kursverluste erzielt haben. Zusätzlich wandelt sich die Welt und die besten Unternehmen von heute sind wahrscheinlich nicht die besten Unternehmen von morgen.
Außerdem zeigten mir diese Aktien nochmals die Wichtigkeit der technischen Analyse. Langfristig zahlt es sich aus, auf Aktien zu setzen die sich in einem langfristigen Aufwärtstrend befinden. Dies sieht man besonders an unseren großen Gewinnern. Viele Verluste hätte man sich bei einem Einsatz der technischen Analyse sparen können.
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Danke für die informative Arbeit!!!
Aber gerne doch 🙂
Danke für die Arbeit,
Es sind immer wieder so kleine Mosaiksteinchen, die man aufsammelt und so sein eigenes Bild vom Markt und vom eigenen Anlegerverhalten zusammenzusetzen.
Die gleichberechtigte Frage dazu, ob man die schlechten Titel eher rausgeworfen hätte,
ist doch, ob man die „guten Titel“ eben so lange durchgehalten hätte und nicht bei rauhem Wind dazu neigt, eben mal (kleine) Gewinne mitnehmen…
Der Mensch irrt, solange er lebt…
Und mit Shell, Unilever und Allianz bin ich doch gar nicht so schlecht dabei…
Markettiming ist auf jeden fall eins der schwersten Themen an der Börse. Bei einigen Aktien erwischt man sich wie du sagst schnell mal dabei Gewinne mitzunehmen. Wie wir gesehen haben kann es langfristig extrem weit hinaus gehen. Und wer weiß, ob bei Novo Nordisk, Fastenal, Linde und Konsorten nicht noch weitere Verdopplungen des Kurses drin sind.
TOP interessant, solche Langfrist-Rückblicke! Da sieht man doch gleich, dass die sogenannten „Experten“ auch nur mit Wasser kochen 😉
Das Buch stammt vom ehemaligen n-tv Telebörse-Journalisten Michael Mross, der mittlerweile, glaube ich, in Dubai wohnt, aber durch seinen – ich sag´ einfach mal „nicht regierungstreuen“ Internet-Auftritt dem Thema Wirtschaft und Börse immer noch verbunden ist.
Ich denke es gibt generell keine Aktien für die Ewigkeit, denn es können wie im Fall Bayer immer mal Manager ans Ruder kommen, die auch das beste Unternehmen an den Rand des Ruins treiben können. Warren Buffett meinte einmal, das beste Unternehmen müsse so beschaffen sein, dass es auch von einem Affen als CEO geleitet werden könne….
Ich fand das ganze auch ziemlich interessant. Und an Aktien für die Ewigkeit glaube ich auch nicht (mehr). Als ich das Buch gefunden habe, war mir schon klar, dass das von der Qualität her mit Vorsicht zu genießen ist. Bin da jetzt auch nicht näher drauf eingegangen, da ich das Thema und den Rückblick sehr interessant fand. Bringt ja nichts Jahrzehnte später den Inhalt zu kritisieren, da dies natürlich jetzt extrem einfach wäre.