Die Compugroup Medical (kurz: CGM) ist ein deutsches Unternehmen im E-Health Bereich mit Sitz in Koblenz. Das Unternehmen wurde 1987 unter dem Namen Compudent GmbH gegründet und fusionierte 1992 mit der Firma „Gotthardt Computer GmbH“. Diese Firma gehörte damals dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden Frank Gotthardt, der demnächst als Aufsichtsratsvorsitzender agieren wird. Die Familie Gotthardt hält heute immer noch ungefähr 45% Anteile an der Compugroup Medical. Aktuell beschäftigt CGM weltweit etwa 5500 Mitarbeiter in 20 Ländern.
Das Hauptgeschäftsfeld der Compugroup Medical liegt in der Anwendungssoftware in der Gesundheitsbranche. Dazu zählen insbesondere Arztpraxen, Krankenhäuser, Labore und Apotheken, die durch die Software in verschiedenen Bereichen unterstützt werden. Ziel ist eine bessere Vernetzung untereinander, so dass dem Patienten eine optimale Versorgung ermöglicht wird. Das Softwareangebot umfasst dabei z.B. die Praxisorganisation, Abrechnungen, Karteikarten oder Termin- und Ressourcenmanagement. Außerdem ist der Austausch medizinischer Daten möglich und es gibt Unterstützung im Therapie und bei der Diagnose.
Kennzahlen
WKN: A28890
Gewinnwachstum 5 Jahre: 10,8%
Umsatzwachstum 5 Jahre: 7,98%
KGV20e: 44
Dividendenrendite: 0,67%
Marktkapitalisierung: 3,6 Mrd. €
Marktsituation & Geschäftsmodell
In den letzten Jahren hat sich einiges in der Digitalisierung des Gesundheitswesen getan. Beispielsweise wurden vom Gesetzgeber in Deutschland die elektronische Gesundheitskarte und eine Telematikinfrastruktur eingeführt. Die Telematikinfrastruktur dient der Vernetzung von Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen und Apotheken. Dadurch sollen die notwendigen Informationen zur Behandlung eines Patienten schneller und einfacher verfügbar sein. Von der sukzessiven Einführung der Telematikinfrastruktur konnte CGM in den letzten Jahren definitiv profitieren. Nach eigenen Angaben hat CGM allein in den letzten 2 Jahren etwa 55000 Einrichtungen angebunden und ist damit deutlicher Marktführer. Demnächst folgen auch noch Apotheken, deren Anbindung im nächsten Schritt vorgesehen ist. Wahrscheinlich wird sich die Einführung der Telematikinfrastruktur nur einmalig im Ergebnis niederschlagen. Dennoch ist dies für viele anderen Anwendungen der Compugroup eine wichtige Basis für die Zukunft.
Das Hauptgeschäft der CGM sind Informationssysteme für verschiedene Einrichtungen im Gesundheitsbereich. Im Geschäftsbericht erfolgt eine Unterteilung in die Segmente Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäuser und Patienten&Versicherungen. Der Großteil des Umsatzes und des Gewinns entfällt auf das Segment der Arztpraxen. Besonders erfreulich ist in diesem Segment auch die recht hohe Marge von 35%. Ebenfalls erfreulich ist der Anteil an wiederkehrenden Umsätzen, der zwischen 60 und 70% liegt. Dadurch ist das Ergebnis stetig und unterliegt nicht sehr großen Schwankungen.
Investmentgedanken / Zukunftsaussichten
Weitere Digitalisierung im Gesundheitswesen
Seit dem Inkrafttreten des neuen E-Health-Gesetz Anfang 2016 nimmt die Digitalisierung des Gesundheitswesen langsam Formen an. Wie bereits zuvor beschrieben konnte Compugroup davon bereits profitieren und wird höchstwahrscheinlich auch zukünftig davon profitieren. Durch das breit aufgestellte Produktportfolio in allen relevanten Bereichen konnte man bereits einen beachtlichen Marktanteil gewinnen. Außerdem spielt die Coronakrise dem Geschäft von CGM eindeutig in die Karten. Die Anzahl der Videosprechstunden in den Arztpraxen ist deutlich angestiegen. Anfangs konnten Ärzte die Software Clickdoc kostenlos nutzen, um in der Krise möglichst sicher und effektiv Sprechstunden anbieten zu können. Dadurch konnte einerseits positives Marketing betrieben werden und andererseits wurde der dauerhafte Einsatz für die Ärzte schmackhaft gemacht. Jedenfalls scheinen die Videosprechstunden gut bei Ärzten und Patienten angekommen zu sein, so dass hier weiterem Wachstum und höheren Umsätzen nichts im Wege steht.
Elektronische Patientenakte
Eine weitere interessante Zukunftschance ist die elektronische Patientenakte. Mit der bereits oben beschriebenen Telematikinfrastruktur ist ein erster Schritt in diese Richtung erfolgt. Die Compugroup bietet mittlerweile eine eigene elektronische Patientenakte „CGM LIFE“ an, die auch als App erhältlich ist. Darin kann der Benutzer alle seine gewünschten Gesundheitsinformationen, wie z.B. Medikamente, Diagnosen oder Impfungen, hinterlegen. Dabei kann der Nutzer selber entscheiden welche Daten er für wen freigibt bzw. welche Daten darin hinterlegt werden sollen. Es ist ziemlich realistisch, dass schon bald alle relevanten Gesundheitsdaten eines Patienten zusammen gespeichert werden. Dadurch ist es einfacher Diagnosen und passende Behandlungsmöglichkeiten für den Patienten zu erstellen. Wenn man noch einen Schritt weiter geht, könnte durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz auf anonymisierten Patientendaten viele medizinische Erkenntnisse erlangt werden.
Sehr gute Marktposition
Mittlerweile verfügt Compugroup über eine sehr gute Marktposition in Europa und speziell in Deutschland. Begründet ist dies in der teilweise recht aggressiven Übernahme- und Zukaufpolitik des Unternehmens. Dadurch wurden Konkurrenten übernommen, so dass sowohl Marktanteile erhöht werden konnten als auch neue Märkte erschlossen werden. Aufgrund dieser Praktiken stand das Unternehmen sogar zeitweise in der Kritik, da monopolartige Preise für die Produkte verlangt werden konnten.
Eine weitere Festigung der Marktposition erfolgt durch die technische Abschottung der eigenen Software. Anscheinend ist es relativ schwer weitere Software von Drittanbietern anzubinden. Insgesamt macht es das für die Kunden der CGM nahezu unmöglich ohne größeren Aufwand einen Wechsel zu einem anderen Anbieter durchzuführen. Für das Unternehmen selbst ist das natürlich schön eine hohe Wechselbarriere aufzubauen, aber dies kann ebenfalls abschreckend für Neukunden wirken. Es ist festzuhalten, dass Compugroup mit dieser Strategie bisher ganz gut gefahren ist auch wenn man sich nicht nur Freunde gemacht hat. Wahrscheinlich wird sich daran zukünftig auch nicht viel ändern und man wird versuchen die Marktanteile auszubauen.
Risiken
Datenschutz und mögliche Hackerangriffe
In nahezu allen Bereichen arbeitet die Software der Compugroup mit äußert sensiblen Gesundheitsdaten. Daher ist es von höchster Wichtigkeit die Daten der Patienten und Ärzte schützen. Im IT-Umfeld muss man immer mit Hackerangriffen oder sonstigen Datendiebstahl rechnen. Ein Datenskandal in dieser Richtung würde das Vertrauen in die Software und die Akzeptanz deutlich reduzieren. Dies hätte für die langfristige Unternehmensentwicklung weitreichende Folgen.
Außerdem ist zu beachten, dass recht viele Anwender ohne großes Hintergrundwissen mit den sicherheitskritischen Daten umgehen müssen. In Arztpraxen und Krankenhäusern arbeiten hauptsächlich Ärzte, Krankenschwestern oder Sprechstundenhilfen mit der Software. Daher ist es ebenfalls von hoher Wichtigkeit auch den Anwender vor möglichen Fehlern im Umgang mit der Software zu schützen.
Konkurrenzprodukte
Wie bereits zuvor beschrieben ist die Compugroup Medical in Deutschland und Europa Marktführer. Dennoch gibt es natürlich national wie international auch Konkurrenz. Diese bieten häufig relativ spezielle einfache Lösungen für konkrete Anwendungsfälle an. In Deutschland gibt es beispielsweise mit Nexus einen Softwarehersteller für Krankenhausinformationssysteme oder mit Doctolib einen Anbieter für Software im Bereich von Arztpraxen. International gibt es weitere Anbieter wie Teladoc, Cerner oder Medidata Solutions, die ebenfalls stark expandieren.
Für Compugroup könnte es noch zum Problem werden, dass die Schnittstellen zu Fremdanwendungen nur im geringen Maße unterstützt werden. Durch neue Gesetzgebungen oder Standards könnte dieser Umstand, der aktuell noch einen Vorteil darstellt, zum Nachteil werden. In diesem Fall könnten die Konkurrenzprodukte wahrscheinlich eher profitieren als CGM.
Neuer CEO
Nach 33 Jahren an der Spitze des Unternehmens wechselt Frank Gotthardt spätestens Anfang nächsten Jahres in den Aufsichtsrat. Frank Gotthardt ist nicht nur langjähriger Vorstandsvorsitzender, sondern zusammen mit seiner Familie auch Hauptanteilseigner der Compugroup. In den meisten Fällen wirkt es sich positiv auf das Unternehmen aus, wenn dieses gründergeführt ist. Somit ist abzuwarten welchen Einfluss der Wechsel an der Spitze haben wird. Mit dem bisherigen Deutschlandchef der Telekom, Dirk Wössner, ist bereits ein Nachfolger gefunden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Wechsel positiv auf die Unternehmensentwicklung auswirken wird.
Aktuelle Bewertung
Nach einer kurzen und heftigen Korrektur während der Coronakrise konnte sich die Compugroup sehr schnell wieder erholen. Nach der ersten Panik an den Märkten war schnell klar, dass CGM einer der Profiteure der aktuellen Lage sein wird. Insbesondere machten Videosprechstunden und andere digitale Angebote den Anlegern Hoffnung. Ob es dauerhaft zu einer Beschleunigung bei der Digitalisierung des Gesundheitswesen reichen wird, bleibt abzuwarten. Feststeht in jedem Fall, dass dieser Prozess weiter fortgesetzt wird. Dafür ist die Compugroup in jedem Fall gut aufgestellt. Zusätzlich bleibt abzuwarten, ob der neue CEO den Wachstumspfad beibehalten und neue Impulse setzen kann. Bleibt festzuhalten, dass das Unternehmen eine gute Marktposition in einer zukunftsfähigen Branche innehat.
Nun zur aktuellen Bewertung der Aktie der Compugroup Medical. Da das Unternehmen in einem Wachstumsmarkt agiert und noch weiter wächst, ist die Bewertung natürlich relativ hoch. Zur Bewertung macht es aus meiner Sicht am meisten Sinn einen Vergleich mit dem bereinigten Gewinn der letzten Jahre zu verwenden. Das bereinigte KGV lag im dargestellten Zeitraum bei etwa 24. Für das aktuelle Geschäftsjahr wird von einem bereinigten KGV von etwa 33 ausgegangen, wonach die Aktie recht hoch bewertet ist. In dieser Bewertung sind natürlich schon die möglichen positiven Effekte, die zuvor genannt wurden, enthalten. Ein Schnäppchen ist daher aktuell hier nicht zu machen. Langfristig bin ich dennoch vom Erfolg der Compugroup überzeugt, da schon seit Jahren Umsätze und Gewinne gesteigert werden konnten und die angebotenen Produkte zukünftig gefragt sein werden. Für einem Kauf würde ich jedoch noch auf einen Rücksetzer warten.